Starke Polizei statt neuer Verbote.
Ende letzter Woche hatte Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit dem Vorschlag für Aufsehen gesorgt, die straffreie Abgabe von verbotenen Messern mit z. B. einem einjährigen Netflix Gratis-Abo zu belohnen. Der BZL hat nicht nur sofort kritisch reagiert, sondern auch um ein persönliches Gespräch gebeten, um unsere Positionen deutlich zu machen sowie die Haltung der Polizeigewerkschaft besser einordnen zu können.
Im gestrigen Gespräch mit dem BZL-Vorsitzenden Matthias Klotz machte Jochen Kopelke deutlich, dass ihm die polarisierende Wirkung seines Vorschlags durchaus bewusst war. Er wollte aber die Diskussion rund um die zunehmende Messerkriminalität mit einem neuen Blickwinkel in Gang bringen und in eine neue Richtung lenken, da die GdP in einem zentralen Punkt mit dem BZL einig ist: Die von Nancy Faeser vorgetragenen Forderungen nach weiteren Messerverboten und Messerverbotszonen führen nicht zum Ziel. Schon jetzt fehle es laut Kopelke der Polizei an Personal, um wirkungsvolle Kontrollen durchzuführen. Weitere Messerverbotszonen würden aber dazu führen, dass dort noch mehr Kräfte zusammengezogen werden müssten, die dann an anderer Stelle fehlten. Auch weitere Messerverbote würden nicht helfen, da diese die Kriminellen nicht interessieren würden und ebenso wenig flächendeckend kontrolliert werden könnten.
Ganz deutlich stellte der GdP-Chef im Gespräch heraus, dass Jäger, Angler, Sportschützen, Messersammler, Handwerker oder rechtstreue Bürger mit Multitool oder Schweizer Messer in der Hosentasche überhaupt nicht das Problem seien. Doch bei weiteren Messerverboten und Ausweitung der Messerverbotszonen steige die Wahrscheinlichkeit, dass sie – häufig ohne es zu wissen – mit dem Gesetz in Konflikt kämen. „Den verständlichen Unmut dieser Menschen bekommen dann die Beamten vor Ort zu spüren, die ebenfalls wissen, dass sie gerade den Falschen kontrollieren bzw. sanktionieren“, so Kopelke.
Vielmehr wirbt auch die GdP dafür, den Fokus auf die Täter bzw. potenziellen Tätergruppen zu richten. Das beinhaltet – wie auch vom BZL gefordert – ein generelles Waffenverbot für verurteilte Gewalttäter, welches auch alle Arten von Messern umfasst. Darüber hinaus müsse die Polizei nicht nur mehr Personal bekommen, sondern auch mit einem weit robusteren Mandat ausgestattet werden, um mit aller Konsequenz gegen Messerkriminelle aber auch gegen deren Bezugsquellen für die Tatwerkzeuge vorzugehen. Diese seien nämlich keineswegs der seriöse Waffen- oder Einzelhandel, sondern Orte, an denen verbotene Messer, nicht zertifizierte SRS-Waffen und andere gefährliche Gegenstände „unter dem Ladentisch“ gehandelt würden. Der Bevölkerung sei somit weit mehr geholfen, wenn die Polizei bei den tatsächlichen Gefährdern und deren Unterstützern entsprechenden Durchgriff entwickelt als durch weitere Verbote und Verbotszonen für jedermann.
Gleichzeitig zeigte er sich auch besorgt, dass von Messer-Tätern attackierte Beamte nun vermehrt aus Eigenschutz zur Schusswaffe greifen müssten. Er warb daher für den flächendeckenden Einsatz von so genannten Tasern, also Distanz-Elektroimpulsgeräten, die es den Beamten ermöglichen würden, Angreifer zu demobilisieren ohne zur tödlichen Schusswaffe greifen zu müssen.
Im Gespräch diskutieren Kopelke und Klotz darüber hinaus flankierende Präventionsmaßnahmen, die gerade männliche Jugendliche überzeugen sollten, keine Messer mit sich zu führen. Vor allem das Argument, sich verteidigen zu können, müsse nach Jochen Kopelkes Ansicht als großer Trugschluss entlarvt werden. Denn die bewaffneten Kriminellen seien im Umgang mit einem Messer nicht nur geübt, sondern auch skrupellos, sodass der eigentlich friedfertige Verteidiger immer den Kürzeren ziehen würde – mit teils fatalem Ausgang.
In Kombination mit starker Exekutive und aktiver Prävention sieht Kopelke dann auch die große Chance für seine Idee der straffreien Rückgabe verbotener Messer bzw. Abgabe von Messern aufgrund materieller Anreize. Wenn vor allem Jugendliche erkennen würden, dass das Mitführen von Messern nicht nur „uncool“, sondern sogar riskant sei und gleichzeitig erkennbar wäre, dass bei Messer-Delikten drastische Konsequenzen drohen, würden aus seiner Sicht viele das Messer nicht nur zuhause lassen, sondern lieber abgeben. Abschließend vereinbarten beide Verbände, im engen Austausch zu bleiben, da nur im direkten Dialog die Expertise der Polizei mit dem Knowhow des BZL zu zielführenden Lösungsansätzen gebündelt werden könne.