Baden-Württemberg verbietet Messer im ÖPNV
Der Ministerrat des Landes Baden-Württemberg hat in seiner Sitzung vom Mittwoch die Verordnung der Landesregierung über das Verbot des Führens von Waffen und Messern in Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs zur Anhörung freigegeben.
Baden-Württembergs stellvertretender Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl (CDU) äußerte sich dazu wie folgt: „Die Kriminalstatistik des vergangenen Jahres zeigt sehr deutlich: Baden-Württemberg ist und bleibt eines der sichersten Länder. Das hohe Sicherheitsniveau können wir auch in Zukunft nur halten, wenn wir aktuelle Kriminalitätsentwicklungen ausbremsen. Wir setzen alles daran, die von Waffen und Messern ausgehenden Gefahren im öffentlichen Raum so weit wie möglich zu verringern. Gerade im ÖPNV, wo in Bussen und Bahnen viele Menschen auf engstem Raum zusammenkommen, sind Messerangriffe besonders gefährlich. Das nun beschlossene Waffen- und Messerverbot im ÖPNV ist daher ein weiterer wichtiger Schritt, um die Sicherheit der Menschen im öffentlichen Raum weiter zu erhöhen.“
Die Verordnung sieht ein Verbot für das Führen von Waffen und Messern in sämtlichen Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs auf dem Gebiet des Landes Baden-Württemberg vor. Zuwiderhandlungen können Geldstrafen von bis zu 10.000 € nach sich ziehen. Ausgenommen vom Verbot sind unter anderem Einsatzkräfte des Rettungsdienstes, der Feuerwehr und des Zivil- und Katastrophenschutzes im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit sowie Personen, die Messer im Zusammenhang mit der Brauchtumspflege, der Jagd, der Fischerei oder der Ausübung des Sports führen.
Für das Jahr 2024 weist die Kriminalstatistik Baden-Württemberg 222 Fälle von Messerangriffen im öffentlichen Personennahverkehr aus. Seit Beginn der Erfassung im Jahr 2022 stieg die Anzahl um 16,8 Prozent an. Bei dem Gros der Fälle handelte es sich um Bedrohungen, daneben spielten gefährliche Körperverletzungsdelikte eine Rolle.
Aus Sicht des BZL ist dieses Verbot in keiner Weise geeignet, um solchen Delikten wirkungsvoll zu begegnen. Denn erneut wird das Täterproblem zu einem Tatmittelproblem umgedeutet ohne die tatsächlichen Ursachen zu bekämpfen. Allein die der Verordnung zugrunde liegende Annahme, dass die massive Zunahme der Messerkriminalität im ÖPNV Baden-Württemberg darauf zurückzuführen sei, dass Messer dort nicht verboten waren, geht am Ziel vorbei. Denn die Täter haben die Straftaten sicher nicht begangen, weil sie ein Messer bei sich hatten, sondern sie hatten ein Messer bei sich, weil sie Straftaten begehen wollten.
Doch selbst wenn man diese ursächliche Fehleinschätzung außen vorlässt, bleibt die Frage, wie das Verbot wirksam kontrolliert werden soll. Die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (nvbw) wies in 2024 für das „Ländle“ insgesamt 70.977 Bus- und Bahnhaltestellen aus. Die Fahrgastzahlen wiederum beliefen sich in 2023 auf 1,05 Milliarden Personen, was durchschnittlich knapp 2,9 Millionen Menschen pro Tag entspricht. Angesichts dieser Zahlen muss klar sein, dass ein solches Verbot nicht einmal annähernd flächendeckend und somit wirksam durchzusetzen ist.
Es steht also zu befürchten, dass einerseits die Straftaten nicht zurückgehen werden, andererseits aber bei den stichprobenartigen Kontrollen unbescholtene und friedliche Bürger aufgrund z. B. eines mitgeführten Schweizer Taschenmessers oder Multitools zur Kasse gebeten werden. Gerade in den beliebten Urlaubsregionen Baden-Württembergs laufen in den Sommermonaten zigtausende Outdoor-Touristen Gefahr, Opfer der neuen Verordnung zu werden, was sicher nicht im Sinne des Gesetzgebers ist. Es wäre aus Sicht des BZL daher dringend angezeigt, sich konsequent dem Problemfeld „potenzielle Straftäter“ zuzuwenden anstatt die Kriminalisierung rechtstreuer Bürgerinnen und Bürger zu provozieren.
Das Innenministerium Baden-Württemberg führt nun im nächsten Schritt das Anhörungsverfahren durch. Insbesondere die Kommunalen Landesverbände können sich dabei zu den Verordnungsentwürfen äußern. Gern ist der BZL bereit, sich in die Anhörung einzubringen und aktiv mitzuhelfen, geeignetere Lösungen zu finden, um der unbestritten inakzeptablen Entwicklung der Messerkriminalität zu begegnen. Dazu aber gilt es, im Vorfeld zwei Themen zu erörtern:
- Wie wäre sichergestellt gewesen, dass mithilfe des nun vorliegenden Verbotes genau die Täter aus 2024 vor der Tat gezielt entwaffnet worden wären, um auch nur eine der 222 Straftaten zu verhindern?
- Welche konkrete Strategie- und Maßnahmenpaket liegt vor, um die rund 71.000 Haltestellen mit durchschnittlich knapp 2,9 Millionen Fahrgästen pro Tag zu kontrollieren?
Der BZL hofft auf eine zielführende Diskussion zwischen Ministerium, Kommunen und auch relevanten Verbänden des Legalwaffenbesitzes und steht für diesbezügliche Gespräche jederzeit zur Verfügung.