NRW geht in Vorleistung – Herbert Reul spricht Klartext

Seit Jahren fordern die Vertreter des Legalwaffenbesitzes eine detaillierte Trennung in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zwischen Straftaten mit legalen bzw. illegalen Schusswaffen. Jetzt ist das Land Nordrhein-Westfalen in Vorleistung gegangen und hat zumindest eine solche Unterscheidung bei den in NRW begangenen Tötungsdelikten zwischen 2019 bis 2024 vorgenommen.

Das Ergebnis: Von den insgesamt 2421 Fällen kam bei rund 8 Prozent (etwa 194 Taten) überhaupt eine Schusswaffe zum Einsatz. Von diesen 194 Schusswaffen-Delikten wurden 63 Prozent (also rund 122 Taten) mit einer illegalen Schusswaffe begangen. Bei 25 Prozent der 194 Fälle (etwa 48 Delikte) ist der „Waffenstatus“ unbekannt. Der Anteil der legalen Waffen an den 194 mit Schusswaffen begangenen Tötungsdelikten wiederum lag bei 13 Prozent (etwa 25 Taten). Bezogen auf alle 2421 Tötungsdelikte lag der Anteil der mit legalen Schusswaffen begangenen Taten also bei gerade einmal 1 Prozent.

NRW-Innenminister Herbert Reul brachte das Ergebnis und die daraus zu ziehenden Schlüsse gegenüber der dpa auf den Punkt. Wörtlich sagte er: „Unsere Auswertung zeigt: Der Einsatz von legalen Waffen im Zusammenhang mit Tötungsdelikten ist ein Ausnahmefall. Daher muss man den Schluss ziehen, dass eine Verschärfung des Waffengesetzes Kriminelle damit nicht besonders juckt.“

Das Ergebnis seines Ministeriums beweist aber ebenso, dass jede Verschärfung des Waffengesetzes immer genau diejenigen trifft, die gar nicht ins Visier genommen werden sollten – nämlich die Legalwaffenbesitzer. In Nordrhein-Westfalen gab es 2024 laut Nationalem Waffenregister (NWR) 839.148 registrierte Legalwaffen sowie 89.913 registrierte Legalwaffenteile, die von insgesamt 154.373 Privatpersonen legal besessen wurden. Setzt man die oben ermittelten 25 Taten mit legalen Schusswaffen mit dieser Zahl an Menschen ins Verhältnis, ergibt sich eine „Missbrauchsquote bei Tötungsdelikten“ von gerade einmal 0,02 Prozent, wobei gar nicht gesichert ist, dass alle 25 Täter überhaupt aus NRW kamen. Die Zahl würde somit noch kleiner.

Ein weniger erfreuliches Detail am Rande lieferte die Deutsche Pressagentur (dpa), deren diesbezügliche Meldung von vielen Tageszeitungen 1:1 übernommen wurde. Dort lautet der Einstiegssatz zur Meldung wie folgt: „Bei Tötungsdelikten in NRW wird als Tatwaffe nur selten eine legale Schusswaffe eingesetzt. Das hat eine Sonderauswertung des Innenministeriums ergeben. Demnach lag die Quote nur bei 13 Prozent. In den allermeisten Fällen wurde dagegen mit illegalen Waffen geschossen.“

Wer da nicht weitergelesen hat, musste unweigerlich schließen, dass 13 % der Tötungsdelikte in NRW mit einer legalen Schusswaffen begangen werden. Richtig ist aber, wie oben dargestellt, nur ein Anteil von 1%. In Zeiten, in denen manche Leser die Artikel nur noch „anlesen“ oder „überfliegen“, eine gefährliche Formulierung, die die Gefahr birgt, dass mit völlig falschen Zahlen völlig falsche Schlüsse gezogen werden – und das ist fast noch schlechter als die derzeitige PKS, die gar keine Zahlen liefert.

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