CDU knickt ein – Bayern die letzte Bastion der Vernunft

Bundesrat fasst Beschluss: „Messerkriminalität wirksam bekämpfen und Novelle des Waffenrechts zügig voranbringen“

In seiner 1045 Sitzung hat der Bundesrat dem Entschließungsantrag des Landes Niedersachsen mit dem Titel „Messerkriminalität wirksam bekämpfen und Novelle des Waffenrechts zügig voranbringen“ in abgeänderter Fassung zugestimmt. Die Abänderung rührt aus einem „Antrag zum Antrag“ des Landes Hessen, die niedersächsische Forderung nach Messerverboten noch um „Kampfmesser und Dolche“ zu erweitern sowie das allgemeine Waffen-Führverbot auch jenseits von Bussen und Bahnen zu ermöglichen. Dem Entschließungsantrag aus Niedersachsen waren zusätzlich noch Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen und das Saarland beigetreten.

Abstimmungsergebnis Sitzung

Die Zustimmung zur „Sofortigen Sachentscheidung“ bedeutet, dass es vor der Abstimmung keine Aussprache geben soll. Die Zustimmung zur Entschlussfassung bedeutet, dass das Ergebnis der Abstimmung über die eigentlichen Anträge in einem Entschluss des Bundesrates mündet. Die Abstimmung in der eigentliche Sache ist dann die „Zustimmung zu den Anträgen“.

Pikanterweise rief Bundesratspräsidentin und Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) den Antrag unter dem Titel „Entschließung zur Novellierung des Waffenrechts“ auf, was in der zugrundeliegenden Drucksache 263/24 so nicht steht. Eine immerhin bemerkenswerte Verkürzung, die Parteikollegin Nancy Faeser gefreut haben dürfte.

Zum Thema sprachen dann Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sowie Kaweh Mansoori (SPD), Hessens Staatsminister für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum und Stellvertreter des Hessischen Ministerpräsidenten. Beide verurteilten die zunehmenden Straf- und Gewalttaten mit Messern und nahmen vor allem Bezug auf den Mord an dem Polizeibeamten in Mannheim vom 31. Mai. Dass Stephan Weil in seinen Ausführungen dann die geforderte Klingenlänge mit der Gesamtlänge von feststehenden Messern verwechselte, war sicher nur ein Versprecher. Weniger dagegen wohl sein Verschweigen von „Ross und Reiter“ bei seiner Aussage [Zitat] „Dass insbesondere in Kreisen mancher junger Leute Messer gewissermaßen als Statussymbol zur alltäglichen Ausstattung gehören.“ Es wäre interessant gewesen, welche „Kreise“ er damit konkret meint, denn das würde ja auch der Polizei helfen, diese „manchen jungen Leute“ entsprechend zu kontrollieren. Im weiteren Verlauf seiner Rede wusste er im Zusammenhang mit der Forderung nach einem Umgangsverbot mit Springmessern sogar, dass diese Messer genau die von ihm angesprochenen Statussymbole seien. Schließlich forderte er das Verbot von Waffen im öffentlichen und im Schienen-Personennahverkehr sowie eine Vereinfachung des mittlerweile viel zu komplexen Waffenrechts.

Wie vom BZL bereits am 04. Juni prophezeit, kam dann endlich die parteipolitische Hilfe für Nancy Faeser und ihre Waffenrechtsverschärfung. Mit dem Hinweis, dass es in der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene dazu gute Vereinbarungen gäbe, leitete Stephan Weil zum Prestigeobjekt seiner Parteikollegin aus dem BMI über und verwies darauf, dass Nancy Faeser vor mehr als einem Jahr eine Reform des Waffenrechts angekündigt hat. Doch das ist so nicht richtig. Denn Frau Faeser hat keine Reform des Waffenrechts angekündigt, sondern eine Verschärfung. Wörtlich steht in ihrem 13-Punkte-Papier unter Punkt 9: „Die Verschärfung des Waffenrechts ist ein entscheidender Baustein zur Entwaffnung von Extremisten.“ Es ist bedauerlich, aber leider auch nicht verwunderlich, dass die SPD offensichtlich in dieser Frage keinen Unterschied mehr zwischen „Reform“ und „Verschärfung“ macht. Und so warb Stephan Weil mit den Worten „und das ist alles absolut richtig“ für die Erlaubnispflicht beim Erwerb von SRS-Waffen und für das Verbot von kriegswaffenähnlichen halbautomatischen Waffen und wunderte sich, warum es das alles noch nicht gäbe, obwohl sich doch alle einig wären.

Diese Einigkeit schien dann auch im Bundesrat annähernd erreicht, denn lediglich der Freistaat Bayern lehnte alle Anträge zu diesem Thema ab. Die Begründung dazu lieferte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann in einer schriftlichen Erklärung, die dem Bundesrat zu Protokoll gegeben wurde und die dem BZL vorliegt. Wörtlich heißt es darin: „Der Freistaat Bayern spricht sich angesichts der bevorstehenden Beratungen im Kreis der Innenminister und -senatoren der Länder sowie mit der Bundesinnenministerin bei der 221. IMK dafür aus, im Rahmen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zielgerichtete und wirkungsvolle Möglichkeiten, den Umgang mit Messern insbesondere in der Öffentlichkeit restriktiver zu gestalten, ergebnisoffen zu prüfen. Vorfestlegungen, wie sie der Entschließungsantrag enthält, sind dabei nicht hilfreich.“

Unser erster Beitrag zu diesem Thema schloss mit der Aussage: „Jetzt kommt es darauf an, dass sich die CDU in den jeweiligen Landesregierungen, an denen sie beteiligt ist, klar zu ihrer parteipolitischen Grundhaltung bekennt, Rückgrat beweist und sich nicht zum Handlanger einer Pro-Faeser-Kampagne machen lässt. Denn dieser Entschließungsantrag trägt die Handschrift einer durchdachten SPD-Strategie, bei der die Stimmen von Bremen und Thüringen, Niedersachsen und Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland (SPD) längst hinter den Kulissen gesichert sind. „Wenn am Ende nämlich die Bundes-FDP und das von CSU und Freien Wählern regierte Bayern die letzte Bastion der Vernunft in Fragen des Waffenrechts und seines Vollzugs sind, haben sich die Christdemokraten ein schwer zu heilendes Armutszeugnis ausgestellt.“

Wie unsere Grafik zeigt, haben alle SPD- bzw. Grün-geführten Bundesländer wie erwartet ihre „Anti-Schützen-Hilfe“ für Nancy Faeser geleistet. Weit bemerkenswerter ist jedoch die Haltung der CDU. Denn auch sämtliche Bundesländer, in denen die Christdemokraten regieren oder mitregieren, haben den Anträgen zugestimmt, mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt, das sich der Stimme enthielt. Damit haben sie sich das vom BZL befürchtete Armutszeugnis in einem Umfang ausgestellt, der selbst die Pessimisten überrascht hat. Denn sie haben einen Antrag aus der Rubrik „Hauptsache, wir haben irgendetwas getan“ unterstützt, ohne wirkliche Akzente für die Lösung des unbestritten dramatischen Problems der Messerkriminalität zu setzen. Weder Salafisten, Neonazis oder andere Extremisten werden eine Tat weniger begehen, bei der sie den eigenen Tod oder eine Anklage bzw. Verurteilung wegen eines Kapitalverbrechens riskieren, nur weil das gewählte Tatwerkzeug nun verboten ist bzw. weil die Gesamtlänge der feststehenden Klinge halbiert wurde. Ganz im Gegenteil würde die Realisierung dieser Bundesrats-Entschließung dazu beitragen, dass die zuständigen Behörden noch stärker belastet und gelähmt würden. Denn mit Bearbeitung noch weiterer kleiner Waffenscheine für SRS-Waffen und der Prüfung von Ausnahmegenehmigungen für Bevölkerungsgruppen, die aus beruflichen Gründen Messer in der Öffentlichkeit führen müssen, treibt man die zuständigen Ämter endgültig in den bürokratischen Abgrund. Für die operative Bekämpfung des tatsächlichen Problems bliebe dann noch weniger Zeit. Die Konsequenzen mag man sich nicht ausmalen.