Hessischer Nachtjagd-Vorstoß
Das Bundesland Hessen hat für die am 23. Mai stattfindende 1054. Sitzung des Bundesrates einen Gesetzesantrag zur Änderung des Waffengesetzes (Drucksache 203/25) auf die Tagesordnung gebracht. Konkret fordert die hessische Landesregierung, dass für Jäger künftig der Umgang mit Nachtzielgeräten sowie mit Vorrichtungen, die das Ziel beleuchten, aber auch mit so genannten Zielpunktprojektoren – also Geräten, die direkt einen roten Punkt auf den Wildkörper projizieren – erlaubt sein soll. Die Begründung dazu aus Wiesbaden: Diese würden die Sicherheit bei Fangschüssen auf verunfalltes Wild oder ASP-kranke Sauen erheblich erhöhen.
Der BZL befürwortet die Freigabe von Nachtzielgeräten und IR-Aufhellern für Restlichtverstärker, da diese Geräte technische Risiken minimieren, ohne das derzeit gesetzlich erlaubte „Wirkungsspektrum“ bei der Jagdausübung zu erhöhen. So eliminieren Nachtsichtzielfernrohre alle opto-mechanischen Schwächen der Aufsatz- und Vorsatzgeräte, IR-Aufheller wiederum sind notwendig, um Restlichtverstärker wirklich sinnvoll und den Wärmebildgeräten ebenbürtig einsetzen zu können. Auch die organisierte Jägerschaft setzt sich bereits seit Jahren für die Legalisierung dieser beiden Technologien für die Jagd ein.
Anders jedoch verhält es sich aus Sicht des BZL mit den so genannten Zielpunktprojektoren – also z. B. Laserpointern, die einen „Roten Punkt“ direkt auf den Wildkörper strahlen und so den Treffpunkt der Kugel anzeigen. Hier wird ohne hinreichend dargelegte Notwendigkeit eine weitere Dimension der Zielerfassung geöffnet. Daher hat der BZL genau zu dieser Notwendigkeit mit Rüdemeister Chris Balke, Deutschlands einzigem hauptberuflichen Schweißhundführer, gesprochen. Der 51-Jährige Vollprofi verfügt über die Erfahrung von mehr als 10.000 Nachsuchen und hat eine klare Meinung: „Die derzeit zur Verfügung stehende und erlaubte Technik reicht völlig aus, weshalb solche Projektoren für Nachsuche und Fangschuss nicht notwendig sind. Die Tatsache aber, dass man mit solchen Geräten das Gewehr zur Zielerfassung nicht einmal mehr sauber in Anschlag bringen muss, kann zu Schüssen in zweifelhaften Situationen bzw. aus zweifelhaften Anschlagarten verleiten, mit allen damit verbundenen Risiken.“
Es ist nicht bekannt, ob sich die hessische Landesregierung vor Aufnahme der Zielpunktprojektoren in ihren Gesetzesantrag mit Experten ausgetauscht hat. Bezweifelt werden darf es aber allemal. Denn der hessische Antrag skizziert zwar deren angebliche Vorteile bei Nachsuche und Fangschuss, jedoch beinhaltet er keinerlei Einschränkung für die Verwendung solcher Geräte ausschließlich auf diese Einsatzbereiche. Heißt im Klartext: Zielpunktprojektoren dürften dann auch für die reguläre Jagdausübung benutzt werden, was in niemandes Sinne sein kann. Einzige Einschränkung aus Hessen: Die Verwendung derartiger Vorrichtungen in Verbindung mit Kurzwaffen soll verboten bleiben.
Auch der Zeitpunkt des hessischen Vorstoßes verwundert. Im Koalitionsvertrag ist unmissverständlich festgeschrieben, dass bis 2026 nicht nur eine vollumfängliche Evaluierung des Waffenrechts mit allen Experten und Betroffenen durchgeführt werden soll, sondern auch entsprechende Reformen umzusetzen sind. Angesichts dieser klaren Vorgabe der CDU-geführten Bundesregierung ist es schwer nachvollziehbar, warum nun ein CDU-regiertes Bundesland mit einem singulären Anliegen auf Level eines Gesetzesantrages vorprescht. Man hätte stattdessen gut daran getan, den grundsätzlich ja wertvollen Vorschlag an das Bundesinnenministerium (BMI) zu übermitteln und so den Prozess von Evaluierung und Reformierung aktiv anzustoßen.
Fazit: Der Gesetzesantrag aus Hessen greift ein wichtiges Thema auf und liefert Impulse für eine diesbezüglich überfällige Diskussion. Er kommt allerdings zur Unzeit, geht an die falsche Adresse und krankt zudem im Detail der Zielprojektoren. Und genau dadurch schießt er – fast schon im wahrsten Sinne des Wortes – übers Ziel hinaus. Genau dieses Manko zeigt aber, wie wichtig und sinnvoll der vorherige Austausch mit Experten und Betroffenen ist, um ebensolche Teufel aus den Details zu vertreiben. Höchste Zeit also, auf Bundesebene gemeinsam mit dem BZL und seinen Mitgliedsverbänden die Evaluierung des Waffenrechts zu starten. Wir sind bereit.