BZL lehnt individuelle Sanktionen aufgrund genereller Verdachtsmomente ab
VG Düsseldorf urteilt: Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnisse aufgrund AfD-Mitgliedschaft.
In zwei Urteilen gegen ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen vom 19.06.2024 hat das VG Düsseldorf entschieden, dass die bloße Mitgliedschaft in der AfD nach § 5, Abs. 2, Nr. 3 des WaffG zum Entzug der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ausreicht (VG Düsseldorf, AZ: 22 K 4836/23 und 22 K 4909/23). Die Tatsache, dass die AfD seitens des Verfassungsschutzes als „Verdachtsfall“ eingestuft wird, genüge nach Ansicht der Düsseldorfer Richter, um den Eheleuten die Erlaubnisse zu entziehen, obgleich kein konkreter Beweis vorlag, dass die beiden selbst verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt hätten. Dem Paar steht nun der Weg zum OVG Münster offen, da das VG Düsseldorf die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat.
Genau diese grundlegende Bedeutung muss aus Sicht des BZL – unabhängig von der Haltung zur AfD – kritisch hinterfragt werden. Denn wenn allgemeine Verfassungsschutz-Verdachtsfälle ausreichen, um Bürgern individuelle Rechte und/oder Erlaubnisse zu entziehen, ohne dass gegen sie selbst konkrete Beweise vorliegen, drohen Demokratie und Rechtstaat in gefährliches Fahrwasser zu schliddern, das Tür und Tor für staatliche Übergriffigkeiten öffnet, die mit unserem Verständnis einer freiheitlich demokratischen Grundordnung nichts mehr zu tun haben. Der BZL mahnt dringend dazu, hier den Blickwinkel jenseits der aktuellen AfD-Diskussion zu erweitern und warnt vor einer Entwicklung hin zum autoritären Staat, der über generelle Verdachts-Annahmen gegen bestimmte Organisationen konkrete Repressalien gegenüber Bürgern legitimiert. Einer solchen Entwicklung muss aus Sicht des BZL dringend Einhalt geboten werden, denn individuelle Urteile bedürfen einer individuellen Beurteilung. Dafür sprechen nicht zuletzt anders lautende Entscheidungen zu waffenrechtlichen Erlaubnissen von AfD-Mitgliedern, wie z. B. die Richtersprüche des VG Gera (AZ: 1 E 564/23 Ge vom 10.08.2023) oder des VG Magdeburg (AZ: 1 B 212/22 MD vom 28.02.2023) und darauf aufbauend des OVG Thüringen (AZ: 3 EO 453/23 vom 19.02.2024) sowie des OVG Sachsen-Anhalt (AZ: 3 M 13/23 vom 24.04.2023).
Das Urteil aus Düsseldorf bzw. die dahinterstehende Auffassung sorgt auch im Ausland für Aufsehen und Besorgnis. So greift die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) den Sachverhalt detailliert auf und zeichnet ein düsteres aber leider auch realitätsnahes Bild von der Abdrift unseres Rechtstaates. Ein lesenswerter Beitrag, der mit den Worten schließt „Doch in Nancy Faesers Welt gibt es außerhalb ihrer eigenen Kreise offenbar keine unverdächtigen Bürger.“