Familiendrama von Lautlingen

BZL mahnt zu sachlichem Umgang und seriöser Analyse

Das Familiendrama in Lautlingen (Baden-Württemberg) vom 14. Juli hat uns alle tief erschüttert. Der anfänglichen Fassungslosigkeit und Trauer folgte die Frage nach dem „Warum“. Zu den konkreten Hintergründen und dem Motiv des mutmaßlichen Täters – einem 63-jährigen Jäger – ermittelt die Polizei weiterhin. Dabei geht sie auch Hinweisen nach, ob „finanziell bedingte Zukunftsängste“ oder eine psychische Erkrankung in Verbindung mit der Tat stehen. So haben Staatsanwaltschaft und Polizei vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass sich der Mann wegen einer psychischen Erkrankung in stationärer Behandlung befunden und diese für ein gemeinsames Treffen mit seiner Familie am Wochenende der Tat unterbrochen habe.

Dieser derzeit bekannte Ermittlungsstand wird bedauerlicherweise von reißerischer Berichterstattung mancher Medien begleitet. So titelte Bild.de vor wenigen Tagen: „Jäger löscht halbe Familie aus – Doppelmörder hortete 32 Waffen im Schrank.“ und gestern dann: „Warum darf ein psychisch Kranker 32 Waffen haben?“ Im dazugehörigen Artikel wird aus der stationären Behandlung, in die sich der mutmaßliche Täter laut Polizeipräsidium Reutlingen freiwillig begeben hat, eine „unbemerkte Behandlung in der Psycho-Klinik“.

Dazu passend wurden erste Reaktionen aus der Politik veröffentlicht, die – wie Bild es betitelt – eine „Meldepflicht für Waffenbesitzer in der Psycho-Klinik“ fordern. So wird der Baden-Württembergische Landtagsabgeordnete Sascha Binder (SPD) wie folgt zitiert: „Ganz eindeutig: an einer Meldepflicht führt kein Weg vorbei. Es darf nicht sein, dass Menschen in psychischen Ausnahmesituationen Zugang zu Waffen haben.“ Angesichts der derzeit von den Ermittlungsbehörden kommunizierten Informationen muss jedoch die Frage erlaubt sein, über welche zusätzlichen Erkenntnisse er verfügt, die eine Beurteilung der konkreten psychischen Situation des mutmaßlichen Täters erlauben bzw. die Annahme rechtfertigen, dass er deshalb keinen Zugang zu Waffen hätte haben dürfen.

Ebenso wenig differenziert äußert sich Oliver Hildenbrand, Landtagsabgeordneter der Grünen in Baden-Württemberg: „Es ist angezeigt, dass wir die Zuverlässigkeit und persönliche Eignung noch gründlicher überprüfen.“ Genau diese unkonkrete Formulierung nährt die Befürchtung, dass sich dahinter ein ganzer Katalog von Überprüfungen und Meldepflichten befinden könnte, die massiv in Bereiche des Datenschutzes, der ärztlichen Schweigepflicht und ggf. weiterer Persönlichkeitsrechte eingreifen.

Beide Statements zeigen, dass trotz der noch spärlichen Faktenlage nun eine Spirale in Gang zu kommen droht, in der sich mediale Überzeichnungen mit Vermutungen vermischen und in politischem Aktionismus münden. Der Bundesverband zivile Legalwaffen mahnt daher eindringlich zu einem sachlichen und faktenbasierten Umgang mit diesem Fall bzw. den ihm zugrundeliegenden Ursachen und erteilt effekthascherischen Berichterstattungen und vereinfachten Scheinlösungen eine Absage. Dies gebieten nicht nur Rücksichtnahme und Respekt gegenüber den Opfern und deren Angehörigen, sondern resultiert auch aus der Erkenntnis, dass in einem solchen Wirkgeflecht nur eine seröse Aufarbeitung und Analyse durch hierzu berufene Experten zu einer ausgewogenen Einschätzung und somit zu verantwortungsvollen Entscheidungen führen kann.

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